Nachhaltige Entwicklung im Sinne einer
zukunftsorientierten Transformation muss auch sozialverträglich gestaltet
werden. (Dazu kannst Du auch hier meine Gedanken verfolgen)
Die Zukunft sozial verträglich gestalten
Aus einer solchen Orientierung an der solidarischen Grundordnung lassen
sich vier Schlüsselelemente sozialer Nachhaltigkeit ableiten (Empacher/Wehling
2002):
- Grundbedürfnisse,
- Sozialressourcen,
- Chancengleichheit,
- Partizipation.
Wie können diese
Grundprinzipien im Museumssektor umgesetzt werden?
Die Rolle von Museen in der Gesellschaft
Über strategische
Schwerpunktsetzungen definieren sie die Rolle, die sie in der Gesellschaft
spielen möchten. In jedem Fall ist die Funktion als soziale Räume bedeutsam und
sie sind „an important bulwark against the erosion of the public
realm.” (Thompson 2011). Wenn
in diesem sozialen Raum das Ausstellen mit Blick auf die demokratische
Gesellschaft, "in der das Museum tätig ist und in die es hineinwirkt"
(Baier-de Haan 2006) geschieht, werden Museen zu einem Ort der
Demokratiebildung.
So können Museen als
Foren für zivilgesellschaftlichen Dialog verstanden werden, in denen die Fragen
der Gegenwart und die Herausforderungen der Zukunft verhandelt werden.
Museen als Pioniere für gesellschaftlichen Wandel
In diesem Sinne können Museen
als Orte verstanden werden, an denen progressive soziale und gesellschaftliche
Werte verhandelt werden; als Forum in dem Besucher partizipativ und konstruktiv
selbst die Bedeutungen entdecken (Dodd 2015).
Auf individueller Eben
können sie auch einen gesellschaftlichen Wandel unterstützen, in dem sie einen
Beitrag leisten zu Glück und Wohlergehen (vgl. http://happymuseumproject.org).
Doch welche Rolle werden Museumsbesuche
in einer Low-consumption future spielen, in der nicht die Konsum- sondern eine Erlebnisgesellschaft
vorherrschend ist?
Die soziale Dimension der kuratorischen und pädagogischen Praxis
Die soziale Nachhaltigkeit
der kuratorischen Praxis auch hängt davon ab, inwiefern das Museum zum Ermöglicher
wird, statt zur Autorität.
Die soziale Dimension des
Sammelns gewinnt gerade in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksamkeit (Savoy
2018). Über die Provenienzforschung und die Diskussionen über die Rückgabe von
Kulturgut hinaus, fokussieren sozial nachhaltige Museen zukünftig stärker auf
eine „ethics of guardianship, the abstinence of collecting in favor of
protection in situ” (Meijer-van Mensch 2016).
Zielgruppen im „offenen Museum“
Nicht erst seit dem
„Offenen Museum“ (Dreyer/Wiese 2010) wird im Hinblick auf die Zielgruppenorientierung
die Öffnung von Museen propagiert. Ein sozial nachhaltiger Ansatz fokussiert
auf eine Integration von und Öffnung für spezifischen Zielgruppen:
Bildungsferne, Kinder, Best Ager.
Insbesondere durch
Partnerprogramme mit anderen Institutionen können „Underserved Audiences“ (Janes
2005) erreicht werden. Dadurch können dem Anspruch gerecht werden, dass „museums
should serve a social purpose by building new kinds of relationships with their
publics“ (ebd.).
Durch die eine Integration
von sozial und gesellschaftlich wichtigen sowie kontroversen Themen wie Trunkenheit
am Steuer, jugendliches Rauchen, Drogenmissbrauch oder Gewalt in der Familie
kann die gesellschaftliche Wirkung weiter gesteigert werden.
Die Verbindung von Museen und Städten
Die Bedeutung von Museen
für Städte und Regionen, wird bereits seit langem herausgestellt: „museums
should serve a social purpose by building new kinds of relationships with their
publics“ (Janes 2005). Doch welche Chancen ergeben sich dabei für Beiträge zu
einer nachhaltigen Entwicklung?
Outreach-Aktivitäten wie Programme,
Events und Ausstellungen außerhalb der Institution und in Zusammenarbeit mit
der städtischen Gemeinschaft sind gängige Instrumente um die Verbindung von
Museen und Städten zu stärken. Ein echter Mehrwert für die Nachhaltigkeitsentwicklung
der Region kann entstehen, wenn diese Aktivitäten in Lokale Agenda 21-Prozesse
integriert werden. Im Idealfall können Museen so als ein zentraler Akteur einer
lokalen Nachhaltigkeitsbewegung fungieren.
Museen als Arbeitsplatz
Zu den sozialen Aspekten
der Nachhaltigkeit gehört auch der verantwortungsvolle Umgang mit dem Personal.
Wie stellt sich die Arbeitssituation der Mitarbeiter in Museen dar?
Festzustellen ist, dass es
derzeit zu viele befristete oder Teilzeitangestellte gibt, so das Ergebnis
einer Studie des LWL-Museumsamt aus dem Jahre 2012. Insbesondere durch Projektverträge
und das Volontariatsmodell geht häufig der Institution wertvolles Wissen
verloren. Ein professionalisiertes Wissensmanagement könnte hier neue
Ressourcen erschließen. Die Gestaltung des Arbeitsplatzes, bspw. im Sinne einer
Gleichberechtigung, gehört ebenfalls zum verantwortungsvollen Umgang mit den Mitarbeitern.
Die soziale Dimension von Museumgebäuden
Ein nachhaltiges Gebäude
besitzt eben auch eine soziale Dimension - so viel ist klar. Doch genau worin
könnte diese liegen?
Greiff (2012) führt dazu
aus: “Das Ziel der Nachhaltigkeit beim Bauen ist dann erfüllt, wenn Gebäude
über ihre gesamte Lebensdauer für möglichst viele Menschen von Nutzen sind,
ihren sozialen Zusammenhalt fördern, sie kulturell bereichern und die sich
daraus ergebenden Belastungen für die Umwelt die Lebensgrundlage künftiger
Generationen nicht schmälern.“
Offensichtliche Beispiele
hierfür sind eine gute Zugänglichkeit auch für mobilitätseingeschränkte Nutzer
oder die gleichberechtigte Berücksichtigung von allen Nutzer*innen.
Voraussetzungsvollere Anforderungen an sozial nachhaltige Museumgebäude sind beispielsweise,
dass soweit als möglich und sinnvoll die späteren Nutzer beteiligt und
einbezogen werden oder dass das Zusammenleben von Nutzern und Anwohnern und die
Kommunikation untereinander gefördert werden (Greiff 2012).
Nachhaltigkeit betrifft nicht nur ökologische Aspekte
Die Anwendung von dem
Prinzip Nachhaltigkeit im Museumssektor geht weit über ökologische Aspekte und
die Einsparung von Ressourcen (siehe dazu mein Blogbeitrag) hinaus. Gerade der Fokus auf die soziale Dimension
bietet die Chance für zahlreiche Verbesserungen der Praxis in Museen. Ein
solches umfassendes Nachhaltigkeitsverständnis sollte stärker in der Debatte um
Nachhaltigkeit im Museumssektor berücksichtigt werden.
Literatur
Beier-de Haan, R. (2006): Wie
kann ein Museum Bildung für Nachhaltigkeit befördern? Herausforderungen und
Perspektiven in Deutschland. http://www.icom-deutschland.de/client/media/15/nachhaltigkeit_vortrag_rosmarie_beierde_haan.pdf
Dodd, J. (2015): The
socially purposeful museum. https://digilib.phil.muni.cz/bitstream/handle/11222.digilib/134745/2_MuseologicaBrunensia_4-2015-2_7.pdf?sequence=1
Dreyer, M. / Wiese, R. (2010):
Das offene Museum. Rolle und Chancen von Museen in der Bürgergesellschaft. https://www.fbkultur.uni-hamburg.de/vk/forschung/publikationen/vokus/vokus201001/media/kuehn-thaut-dasoffenemuseum-vokus2010.pdf
Empacher, C. / Wehling, P. (2002):
Soziale Dimensionen der Nachhaltigkeit. Theoretische Grundlagen und Indikatoren.
Greiff, R. (2012): Soziale
Indikatoren des nachhaltigen Bauens. https://www.iwu.de/fileadmin/user_upload/dateien/nachh_bauen/Soz_Ind_nachh_Bau_IWU_120612.pdf
Janes, R. / Conaty, G. (Hrsg.)
(2005): Looking Reality in the Eye. Museums and social responsibility.
Meijer-van Mensch, L.
(2016): Museums,
Collections and Sustainability.
Savoy, B. (2018): Die
Deutschen wissen, wie es sich anfühlt, wenn einem das Erbe genommen wird. http://www.spiegel.de/plus/kunsthistorikerin-benedicte-savoy-das-goldene-das-dunkle-a-00000000-0002-0001-0000-000158383303
Thompson, S. et al. (2011):
The Happy Museum. A tale of how it could turn out all right. http://www.happymuseumproject.org/wp-content/uploads/2011/03/The_Happy_Museum_report_web.pdf
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