Dienstag, 11. September 2018

Leistungsfähige Museen – Starke Nachhaltigkeit


Der Begriff der Nachhaltigkeit wird bereits seit vielen Jahren geradezu inflationär verwendet und ist mittlerweile in den allgemeinen Wortschatz eingegangen. Doch was bedeutet Nachhaltigkeit für Museen?



Der Kern der Nachhaltigkeit

Immer häufiger begegne ich dem Begriff in irreführenden Zusammenhängen – oder er wird aufgrund seiner Popularität als Modebegriff schlicht mit unpassenden Bedeutungen verwendet. Dass die Begriffe Nachhaltigkeit und Nachhaltige Entwicklung im öffentlichen Diskurs auch mit Bezug zu Ausstellungen unterschiedlich ausgelegt werden, ist gut dokumentiert (bspw. Otto 2010; Buchal 2016).



Was bedeutet Nachhaltigkeit für Museen?

Die wenigen Überblickswerke zum Thema Nachhaltigkeit in Ausstellungen und Museen, wie das Manual of museum planning von Barry Lord (Lord et al. 2012) ignorieren eine solche Begriffsbestimmung. Lord geht darin lediglich knapp auf die Frage der Dimensionen, bzw. das Säulenmodell der Nachhaltigkeit ein (Martin 2012). Auch die politischen Positionsbestimmungen wie die Mechelen Declaration beziehen sich nicht auf den vorhandenen Diskurs zur Bedeutung von Nachhaltigkeit.

Um genauer zu beleuchten, was Nachhaltigkeit für Museen bedeuten kann, müssen wir etwas tiefer in die Nachhaltigkeitstheorie einsteigen und diese auf den Anwendungsbereich von Museen, Ausstellungshäusern und Besucherzentren beziehen. Im Zentrum des Diskurses stehen dabei die Konzepte von starker und schwacher Nachhaltigkeit.





Starke versus schwache Nachhaltigkeit

Aus dem Anfang der 1990er Jahre popularisierten Begriff der Nachhaltigen Entwicklung sind durch unterschiedliche Auslegung die beiden Konzepte der starken und schwachen Nachhaltigkeit entstanden (Neumayer 2013).

Schwache Nachhaltigkeit basiert auf der Überzeugung, dass ökologische, ökonomische und soziale Ressourcen gleichberechtigt beurteilt werden und sich gegeneinander aufwiegen lassen. Wirtschaftliches Handeln und der Schutz der Lebensgrundlagen stehen dabei gleichrangig nebeneinander.

Starke Nachhaltigkeit erkennt dagegen an, dass natürliche Ressourcen vielfach nicht erneuerbar sind und in der Regel auch nicht durch Human- oder Sachkapital ersetzt werden können. Das bedeutet, es gibt Grenzen des Wachstums und einen Entwicklungskorridor für menschliche Entwicklung, indem ein Spielraum zur Umsetzung wirtschaftlicher und sozialer Ziele.





Quelle: Von Felix Müller - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=36374337



Ist für Museen eine schwache Nachhaltigkeit ausreichend?

Im Gegensatz zu produzierenden Industrien, dem Energiesektor oder dem Bereich des persönlichen Konsums, sind Museen in vergleichsweise geringem Maße an der globalen Umweltzerstörung beteiligt. Des Weiteren liegen die Aufgaben von Museen vor allem im sozio-kulturellen Bereich. Museen haben – so die landläufige Einschätzung – bis auf Detailbereiche und den Betrieb der Gebäude sowie den damit zusammenhängenden Energieverbrauch nur wenige Schnittstellen mit ökologischen Aspekten.

Vor diesem Hintergrund scheint es sinnvoll und angemessen das Konzept der schwachen Nachhaltigkeit auf den Museumssektor anzuwenden.



Leistungsfähigkeit durch starke Nachhaltigkeit

Was bei dieser Sichtweise übersehen wird ist, dass durch eine Fokussierung auf die ökologischen Aspekte erhebliche ökonomische Vorteile realisiert werden können. Beispielsweise können durch Energie- und Ressourceneinsparungen Science Center und interaktive Ausstellungshäuser massiv die Betriebskosten reduzieren. Das dies für Sammlungen und Depots von Museen erst recht zutrifft, dürfte aufgrund von Anforderungen im Hinblick auf die Klimatisierung offensichtlich sein. Mit einem durch Einsparungen realisierten größeren finanziellen Spielraum können auch die sozio-kulturellen Aufgaben des Museums besser ausgefüllt werden.



Kurz gesagt: Ökologische Nachhaltigkeit steigert die ökonomische Nachhaltigkeit und ermöglicht eine verbesserte Ausübung der Museumsaufgaben in allen Bereichen. Insofern erscheint es angebracht im Museumssektor das Konzept der starken Nachhaltigkeit anzuwenden und den ökologischen Aspekten bei der Einführung eines Nachhaltigkeitsmanagements in Museen (zunächst) den Vorrang einzuräumen.







Literatur

Buchal, Thomas (2016): Der umkämpfte Begriff Nachhaltigkeit. Deutungsmuster in der Medienöffentlichkeit: Tectum Wissenschaftsverlag (Politik begreifen. Schriften zu theoretischen und empirischen Problemen der Politikwissenschaft, v.22). Online verfügbar unter http://gbv.eblib.com/patron/FullRecord.aspx?p=4556769.


Lord, Barry; Lord, Gail Dexter; Martin, Lindsay (Hg.) (2012): Manual of museum planning. Sustainable space, facilities, and operations: Rowman Altamira.


Martin, Lindsay (2012): Dimensions of Sustainability. In: Barry Lord, Gail Dexter Lord und Lindsay Martin (Hg.): Manual of museum planning. Sustainable space, facilities, and operations: Rowman Altamira, S. 6–8.


Neumayer, Eric (2013): Weak versus strong sustainability. Exploring the limits of two opposing paradigms: Elgar.


Otto, Siegmar (2010): What means sustainability and sustainable development? In: Ökologisches Wirtschaften 25 (4), S. 35–38.

Mittwoch, 30. Mai 2018

Ein Traum von Nachhaltigkeit


Nach der Lektüre von eher beunruhigenden Nachrichten fiel ich kürzlich nach der Mittagspause in einen leichten, nachmittäglichen Schlaf und träumte von einer besseren Welt.

Eine Ausstellung zum Thema Nachhaltigkeit
Auf dem Weg dahin könnte es eine Ausstellung geben, die sich ausschließlich mit den Herausforderungen und Chancen einer globalen Nachhaltigen Entwicklung auseinandersetzt. Die dies auf spielerische, interaktive Weise umsetzt und so die Besucher zum selbständigen Handeln motiviert. Eine solche Ausstellung - ein Traum!

Das World Future Lab
Bei meinem letzten Besuch des Klimahauses Bremerhaven kam ich endlich dazu das World Future Lab zu besuchen. Unglaublich, aber wer hätte gedacht, dass Träume so schnell Realität werden können:
Im WorldFuture Lab können Besucher mit einem Spiel die Zukunft der Erde gestalten. Es müssen Informationen bewertet und Entscheidungen getroffen werden. Zu guten Lösungen der Aufgaben gelangen die Besucher oft nur, wenn sie mit ihren Mitspielern kooperieren. So werden im Spielverlauf auch verschiedene Fähigkeiten getestet, die für die Umsetzung einer Nachhaltigen Entwicklung wichtig sind. Ohne im Spiel explizit darauf zu verweisen, werden hier die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen (UN) erlebbar. Diese nachhaltigen Entwicklungsziele sind ein zentraler Orientierungspunkt der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Die Agenda thematisiert ökonomische, soziale und ökologische Nachhaltigkeit gleichermaßen und wurde im Jahr 2015 von den Vereinten Nationen beschlossen.

 
Foto: Klimahaus

Die Zukunft gestalten
Doch der Homo Ludens allein wird nicht die SDGs umsetzen. Daher ist das World Future Lab auch darauf ausgelegt, unter pädagogischer Begleitung in Workshops oder Zukunftswerkstätten nachhaltiges Denken und vor allem konkretes Handeln einzuüben. „Gefördert werden Fähigkeiten und Gestaltungskompetenzen im Sinne der BNE“, erläutert Jens Tanneberg, Leiter Wissenschaft und Bildung am Klimahaus.

Ein Serious Game im Zentrum
Besonders gefallen hat mir die klare Konzentration des World Future Labs: Es gibt nur ein Exponat, nämlich das zentrale Spiel, an dem mehrere Parteien zugleich interagieren können. Der Fokus der Besucher wird somit nicht durch verschiedene Texte, unterschiedliche Exponate und mehrere Unterthemen abgelenkt.

 
Umsetzung von BNE in Ausstellungen
Foto: Klimahaus

Another World is possible
Im World Future Lab geht es im Kern „um die Mensch-Erde-Beziehung und die Erkenntnis, dass jeder Mensch etwas zu einer Nachhaltigen Entwicklung beitragen kann“, erläutert Tanneberg. Wenn wir alle ein kleines Stück zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen, kann vielleicht auch der Traum einer besseren Zukunft Wirklichkeit werden.

Donnerstag, 22. Februar 2018

Chancen und Risiken im Nachaltigkeitsmanagement



Für die Einführung eines Nachhaltigkeitsmanagements in Museen oder Science Centern gibt es viele gute Gründe, wie ich bereits in einem anderen Blogpost ausgeführt habe. Wie ein solches Managementsystem im Museumssektor eingeführt werden kann, bzw. aus welchen – zugegeben: ganz groben – Bestandteilen es besteht, habe ich hier skizziert.
Doch welche Chancen sind mit einem institutionellen Fokus auf Nachhaltigkeit verbunden? Und welche Risiken ist ein solcher Prozess unterworfen?


Chancen durch mehr Nachhaltigkeit

Die Chancen durch die Einführung eines Nachhaltigkeitsmanagements können von internen über wettbewerbsorientierte bis hin zu gesellschaftliche relevanten reichen.
Durch einen Fokus auf Aspekte der Nachhaltigkeit können Ausstellungshäuser einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen leisten und so ihrer unternehmerischen und gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen.

Die Einführung eines Nachhaltigkeitsmanagements kann auch institutionsintern als ein Change Management aufgefasst werden, durch das systematisch potenzielle Verbesserungen identifiziert Änderungsprozesse insgesamt angestoßen werden. Nachhaltigkeitsmanagement kann im Idealfall ein ein gutes Steuerungsmanagement für Verbesserungsprozesse sein.

Eine starke Verpflichtung zu nachhaltigem Handeln stellt eine große Chance für das Reputationsmanagement dar. Einerseits kann die Reputation nach innen profitieren und zu erhöhter Identifikation der Mitarbeiter mit der Institution führen. Andererseits kann beispielsweise durch Auszeichnungen und Zertifizierungen die Reputation nach außen fokussiert und so die Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit gesteigert werden.

Darüber hinaus können vielfältige ökonomische Einsparpotenziale realisiert werden, ob durch Einsparungen im Ressourceneinsatz oder durch gesunde und zufriedenen Mitarbeiter.


Chancen und Risiken im Nachhaltigkeitsmanagement



Risiken im Change Management

Die Umsetzung eines Nachhaltigkeitsmanagements ist, wie jeder Veränderungsprozess, auch von unterschiedlichen Risiken bedroht. Auf operativer Ebene ist eine fehlende Unterstützung durch die Verwaltung hinderlich, da diese in der Regel unterschiedlichste Daten zur Analyse der Nachhaltigkeits-Performance verfügbar machen muss. Noch kritischer ist eine fehlende ideelle Unterstützung durch die Geschäftsführung, da so die interne Legitimation für die angestrebten Veränderungen untergraben wird.

Das häufigste Problem ist jedoch die Bereitstellung von (zeitlichen) Ressourcen für den Nachhaltigkeits-Beauftragten. Üblich ist es, am Anfang zu viel zuwollen: Es werden alle Themen und alle Kriterien ins Programm aufgenommen – die Umsetzung scheitert dann kurz darauf an der Komplexität der Aufgabe und den nicht ausreichenden Ressourcen für die Umsetzung. Ziel ist von Anfang die Fokussierung auf die für die Institution spezifischen Kernelemente der Nachhaltigkeit.

Ein etwas anders gelagertes Problem kann auftreten, wenn im Rahmen der Nachhaltigkeits-Analyse etwas entdeckt wird, dass potenziell rufschädigend sein könnte. Eine Erwähnung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung mit einem Handlungsplan zur Verbesserung dieses Aspektes trägt aber langfristig zu einer besseren Reputation bei, als diesen unangenehmen Aspekt zu verschweigen.