Der Begriff der
Nachhaltigkeit wird bereits seit vielen Jahren geradezu inflationär verwendet
und ist mittlerweile in den allgemeinen Wortschatz eingegangen. Doch was
bedeutet Nachhaltigkeit für Museen?
Der
Kern der Nachhaltigkeit
Immer häufiger begegne ich
dem Begriff in irreführenden Zusammenhängen – oder er wird aufgrund seiner
Popularität als Modebegriff schlicht mit unpassenden Bedeutungen verwendet.
Dass die Begriffe Nachhaltigkeit und Nachhaltige Entwicklung im öffentlichen
Diskurs auch mit Bezug zu Ausstellungen unterschiedlich ausgelegt werden, ist
gut dokumentiert (bspw. Otto 2010; Buchal 2016).
Was
bedeutet Nachhaltigkeit für Museen?
Die wenigen Überblickswerke
zum Thema Nachhaltigkeit in Ausstellungen und Museen, wie das Manual of museum
planning von Barry Lord (Lord et al. 2012) ignorieren eine solche
Begriffsbestimmung. Lord geht darin lediglich knapp auf die Frage der
Dimensionen, bzw. das Säulenmodell der Nachhaltigkeit ein (Martin 2012). Auch
die politischen Positionsbestimmungen wie die Mechelen Declaration beziehen
sich nicht auf den vorhandenen Diskurs zur Bedeutung von Nachhaltigkeit.
Um genauer zu beleuchten,
was Nachhaltigkeit für Museen bedeuten kann, müssen wir etwas tiefer in die
Nachhaltigkeitstheorie einsteigen und diese auf den Anwendungsbereich von
Museen, Ausstellungshäusern und Besucherzentren beziehen. Im Zentrum des
Diskurses stehen dabei die Konzepte von starker und schwacher Nachhaltigkeit.
Starke
versus schwache Nachhaltigkeit
Aus dem Anfang der 1990er
Jahre popularisierten Begriff der Nachhaltigen Entwicklung sind durch
unterschiedliche Auslegung die beiden Konzepte der starken und schwachen
Nachhaltigkeit entstanden (Neumayer 2013).
Schwache Nachhaltigkeit
basiert auf der Überzeugung, dass ökologische, ökonomische und soziale
Ressourcen gleichberechtigt beurteilt werden und sich gegeneinander aufwiegen
lassen. Wirtschaftliches Handeln und der Schutz der Lebensgrundlagen stehen
dabei gleichrangig nebeneinander.
Starke Nachhaltigkeit erkennt
dagegen an, dass natürliche Ressourcen vielfach nicht erneuerbar sind und in
der Regel auch nicht durch Human- oder Sachkapital ersetzt werden können. Das
bedeutet, es gibt Grenzen des Wachstums und einen Entwicklungskorridor für
menschliche Entwicklung, indem ein Spielraum zur Umsetzung wirtschaftlicher und
sozialer Ziele.
Quelle: Von Felix Müller -
Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=36374337
Ist
für Museen eine schwache Nachhaltigkeit ausreichend?
Im Gegensatz zu
produzierenden Industrien, dem Energiesektor oder dem Bereich des persönlichen
Konsums, sind Museen in vergleichsweise geringem Maße an der globalen Umweltzerstörung
beteiligt. Des Weiteren liegen die Aufgaben von Museen vor allem im
sozio-kulturellen Bereich. Museen haben – so die landläufige Einschätzung – bis
auf Detailbereiche und den Betrieb der Gebäude sowie den damit
zusammenhängenden Energieverbrauch nur wenige Schnittstellen mit ökologischen
Aspekten.
Vor diesem Hintergrund
scheint es sinnvoll und angemessen das Konzept der schwachen Nachhaltigkeit auf
den Museumssektor anzuwenden.
Leistungsfähigkeit
durch starke Nachhaltigkeit
Was bei dieser Sichtweise
übersehen wird ist, dass durch eine Fokussierung auf die ökologischen Aspekte
erhebliche ökonomische Vorteile realisiert werden können. Beispielsweise können
durch Energie- und Ressourceneinsparungen Science Center und interaktive
Ausstellungshäuser massiv die Betriebskosten reduzieren. Das dies für
Sammlungen und Depots von Museen erst recht zutrifft, dürfte aufgrund von
Anforderungen im Hinblick auf die Klimatisierung offensichtlich sein. Mit einem
durch Einsparungen realisierten größeren finanziellen Spielraum können auch die
sozio-kulturellen Aufgaben des Museums besser ausgefüllt werden.
Kurz gesagt: Ökologische
Nachhaltigkeit steigert die ökonomische Nachhaltigkeit und ermöglicht eine
verbesserte Ausübung der Museumsaufgaben in allen Bereichen. Insofern erscheint
es angebracht im Museumssektor das Konzept der starken Nachhaltigkeit anzuwenden
und den ökologischen Aspekten bei der Einführung eines Nachhaltigkeitsmanagements in Museen (zunächst) den Vorrang einzuräumen.
Literatur
Buchal, Thomas (2016): Der
umkämpfte Begriff Nachhaltigkeit. Deutungsmuster in der Medienöffentlichkeit:
Tectum Wissenschaftsverlag (Politik begreifen. Schriften zu theoretischen und
empirischen Problemen der Politikwissenschaft, v.22). Online verfügbar unter
http://gbv.eblib.com/patron/FullRecord.aspx?p=4556769.
Lord, Barry; Lord, Gail Dexter; Martin, Lindsay (Hg.) (2012): Manual of
museum planning. Sustainable space, facilities, and operations: Rowman Altamira.
Martin, Lindsay (2012): Dimensions of Sustainability. In: Barry Lord,
Gail Dexter Lord und Lindsay Martin (Hg.): Manual of museum planning.
Sustainable space, facilities, and operations: Rowman Altamira, S. 6–8.
Neumayer, Eric (2013): Weak versus strong sustainability. Exploring the
limits of two opposing paradigms: Elgar.
Otto, Siegmar (2010): What means sustainability and sustainable
development? In: Ökologisches Wirtschaften 25 (4), S.
35–38.
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