Mit großer Begeisterung habe ich in der Zeitschrift Monopol den offenen Brief zahlreicher
Direktorinnen und Direktoren führender deutscher Kunstmuseen gelesen, indem
Frau Grütters aufgefordert wird, eine klimapolitische
Taskforce aufzubauen.
Wie wichtig und wie richtig: Seit langem wissen wir alle,
dass Museen und insbesondere Archive Defizite im Hinblick auf ihren
Klimaschutzbeitrag und ihre Ressourcennutzung aufweisen. Absolut zeitgemäß ist
daher die Forderung, mit einem umfassenden Maßnahmenplan Museen und
Ausstellungshäuser ressourcen- und klimaschonend „umzubauen“. Dies gilt
natürlich umso mehr, als auf europäischer Ebene gerade Milliarden
bereitgestellt werden sollen, um eine Art Green New Deal zu ermöglichen.
Bedarfe müssen schließlich angemeldet werden.
Verengung auf Klimadebatte
Der offene Brief verengt jedoch die Herausforderungen des
globalen Wandels, womöglich vor dem Hintergrund der raumgreifenden Aktivitäten
von Fridays for future, Scientists for future und Museums for future, und
reduziert diese Herausforderungen auf den Klimawandel.
Der namensgebende New Deal in den USA der 1930er Jahre
bestand aus sehr vielen Elementen, insbesondere auch sozialpolitischen
Maßnahmen. Er beinhaltete aber auch wesentliche und mindestens aus heutiger
Sicht durchaus kritisch anzusehende Elemente, die sich insbesondere im Gigantismus
von Umbauvorhaben widerspiegelten. Um es einfach auszudrücken: die Maßnahmen fokussierten
auf umfassende Investitionen unter der Vorgabe von gesellschaftlichen Entwicklungs-
und Wachstumsvorstellungen, die uns in die globalen Krisen des 21. Jahrhunderts
manövriert haben.
Investitionen in grüne Technologie
Auch wenn die Konturen des Europäischen Green New Deals noch
nicht im Detail festgelegt sind, ist bereits klar, dass es vor allem um die
Finanzierung von massiven Sanierungen mit Hilfe „grüner Technologien“ geht. Ein
im Kern auf Baumaßnahmen und Investitionen zur Verbesserung der Klimabilanz zielendes
Programm wird nicht hinreichend sein, um den Gesellschaftsvertrag für eine großeTransformation, geschweige denn die weitreichenden Ziele des Paris Agreement zu
erreichen.
Museen als zentrale gesellschaftliche Akteure
Die globalen Krisen beschränken sich nicht auf Klimawandel
und Biodiversitätsverlust – auch gesellschaftliche, politische, soziale und
ökonomische Debatten und Herausforderungen prägen zunehmend die Arbeit in den
Museen.
Um eine zentrale Rolle in einer Gesellschaft der Zukunft zu
spielen, könnten Museen sich tatsächlich viel stärker mit dem erforderlichen
kulturellen Wandel befassen, der allerdings gerade nicht in einem Green New
Deal adressiert wird. Ein tiefgreifender kultureller Wandel hin zu einer
„Culture of sustainability“ ist notwendig. Museen können mit ihren
einzigartigen Ressourcen einen zentralen Beitrag zu dieser kulturellen
Transition leisten.
Nachhaltigkeit statt „nur“ Klimaschutz
Zu diesem tiefgreifenden Wandel gehören sicherlich auch
Maßnahmen zur Optimierung der Gebäude, vor allen Dingen aber Aktionen zur
Beförderung des kulturellen Wandels im Sinne der Nachhaltigkeit. Und
Nachhaltigkeit ist eben kein grünes Konzept, sondern umfasst gleichberechtigt
auch soziale und ökonomische Aspekte. Für die Arbeit in Museen kommt noch der
Aspekt der nachhaltigen Programmatik hinzu. Eine Verbesserung der CO2-Bilanz
ist erforderlich aber nicht hinreichend, damit Museen einen starken Beitrag zur
Lösung globaler Herausforderungen leisten.
Um dies zu erreichen, können Museen und Ausstellungshäuser ein
umfassendes Nachhaltigkeitsmanagement einzuführen, dass die Wirkungen der Museumsarbeit
im Hinblick auf die gesamte Nachhaltigkeitsperformance in den Blick nimmt.
Sustainability Taskforce
Zeit für einen weiteren offenen Brief: Statt einer klimapolitischen Taskforce, sollte
Frau Grütters eine Sustainability Taskforce einrichten – es bleibt zu hoffen,
dass zahlreiche Direktorinnen und Direktoren sich auch für ein solches Vorhaben
einsetzen.
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